Bild von einem Pferd
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Offenstall-Haltung

Was bedeutet Haltung im Offenstall?

In einem Offenstall leben Pferde in Gruppen bzw. kleinen Herden. Die Pferde können sich im Freien oder in einem überdachten, geschützen Bereich aufhalten und frei zwischen den Bereichen wechseln.

Pferdegesundheit und Offenstall

Die Haltung im Offenstall ist artgerechter als andere Haltungsarten, wie z.B. in einer Box. Das Pferd kann sich wesentlich mehr bewegen, was der Pferdegesundheit natürlich zuträglich ist. Das Pferd als Steppentier bewegt sich in der freien Wildbahn beständig beim Fressen weiter. Die Verdauung der Tiere wird durch die Bewegung gefördert. Durch die ständige Bewegung wird der Stoffwechsel angeregt, die Gelenke bleiben geschmeidig, und Atemwegsprobleme treten seltener auf als bei Boxenpferden. Auch das Immunsystem profitiert von frischer Luft und wechselnden Temperaturen. Pferde im Offenstall leiden seltener an Koliken als Pferde in Ställen, in denen sie sich weniger bewegen können. Auch die Luft ist ein wichtiger Faktor für die Pferdegesundheit. Schlechte Luft in geschlossenen Ställen kann zu Atemwegserkrankungen führen. Auch Verhaltensstörungen können bei Haltung im Offenstall vermieden werden. Denn wenn ein Herden- und Bewegungstier wie das Pferd die meiste Zeit in einer Box eingesperrt ist, dann treten häufig Verhaltensstörungen wie Koppen, Weben, Krippensetzen, Scharren, gegen die Box Treten und Selbstverstümmelung auf, ähnlich wie bei Wildtieren, die in Zoogehegen ständig auf- und ablaufen. Während sich Pferde in freier Wildbahn ca. 16 km am Tag vorwärts bewegen, meist einfach nur von einem Grashalm zum nächsten, bewegt sich ein Pferd in der Box ca. 160 Meter. Der Mangel an sozialen Kontakten zu anderen Pferden wie in einer Herde und der Mangel an Beschäftigung führen dann zu Ersatzhandlungen. Auch im Winter können Pferde im Offenstall bleiben, es ist nicht notwendig, dass sie in einen geschlossenen Stall umziehen. Pferde, die das ganze Jahr über im Offenstall leben bekommen rechtzeitig ein Winterfell.

Aufbau und Technik im Offenstall

Ein gut konzipierter Offenstall besteht typischerweise aus:

  • Einem überdachten, trockenen Liegebereich, der wind- und wettergeschützt ist.
  • Mehreren Futterstellen, um Futterneid und Rangordnungskämpfe zu vermeiden.
  • Tränken mit frostfreiem Wasserzugang.
  • Ausreichend Bewegungsfläche, idealerweise mit verschiedenen Bodenbeschaffenheiten (z. B. Sand, Kies, Gras).
  • Einem angrenzenden Auslauf oder Weidezugang.
Im Offenstall muss ausreichend Platz sein, damit rangniedere Pferde Platz zum ausweichen haben. Bei Liegeflächen ist ebenfalls darauf zu auchten, dass genug Platz vorhanden ist, damit auch rangniedere Pferde sich hinlegen.
Damit die Pferde nicht im Matsch stehen müssen, muss der Boden, besonders an den stark frequentierten Stellen meist befestigt werden, z.B. mit Gummi-Matten.
Im Offenstall wird Pferden meist rund um die Uhr Heu angeboten. Langsames Fressen über den ganzen Tag verteilt entspricht dem artgerechten Verhalten. Mit vielen kleinen Portionen kann die Verdauung wesentlich leichter umgehen, als mit einer großen Portion Kraftfutter auf einmal. Damit Pferde dabei nicht zu fett werden, wird Heu oft in Netzen angeboten, damit das Fressen langsamer vor sich geht.
Es sollten ausreichend Fressplätze vorhanden sein, damit auch rangniedere Tiere genug Futter bekommen und entspannt fressen können.
In manchen Offenställen werden Futterplätze so angelegt, dass die Pferde zum Futterplatz hingehen müssen bzw. zwischen Futterplätzen längere Strecken zurücklegen, um die Bewegung zu fördern (Bewegungsstall).
Zwar erfordert der Aufbau eines funktionierenden Offenstalls zunächst Planung, doch tägliche Aufgaben wie Misten oder Füttern lassen sich effizienter gestalten als in Einzelhaltungssystemen.

Vorteil für das Reiten

Bewegung gehört zu den wichtigsten Bedürfnissen der Pferde. Ein Pferd, das viele Stunden in einer Box verbringt, benötigt lange, um sich zu lockern. Pferde, die sich im Offenstall oder Laufstall bewegen können und mit Artgenossen soziale Kontakte haben sind wesentlich ausgeglichener als Artgenossen, die sehr lange stehen und ihren natürlichen Bewegungsdrang erst am Reitplatz austoben können.

Herausforderungen und Risiken

Trotz vieler Vorteile bringt die Offenstallhaltung natürlich auch ein paar Herausforderungen mit sich:
  • Rangordnungskämpfe bei neu hinzukommenden Pferden: Besonders bei Neuzugängen zu einer Gruppe kann es zu Auseinandersetzungen kommen. Eine vorsichtige Zusammenführung ist hier geboten, z.B. das neue Pferd zunächst nur mit EINEM Pferd aus der Gruppe zusammenführen. Dieses sollte möglichst sozial ausgeglichen und eher ranghöher sein. Das Pferd aus der Gruppe kann dann das neue Pferd in die Gruppe einführen.
  • Rangordnungskämpfe bzw. Streitigkeiten, die in einem sozialen Gefüge vorkommen sind völlig normal. Damit dabei niemand verletzt wird, dürfen die hinteren Hufe nicht beschlagen sein.
  • Witterungsschutz: Nicht alle Pferde kommen mit Nässe und Kälte gleich gut zurecht – ältere oder kranke Tiere benötigen eventuell zusätzliche Unterstände oder Decken.
  • Futtermanagement: Heuraufen mit Netzen oder zeitgesteuerte Futterautomaten verhindern, dass rangniedrige Pferde zu kurz kommen bzw. dass leichtfuttrige Pferde zu viel fressen.
  • Bodenbeschaffenheit: Matschige Böden können zu Hufproblemen führen, gefrorene Böden stellen eine Gefahr dar – eine gute Drainage und geeignete Bodenbefestigungen sind daher unerlässlich.

Artgerechte Herden-Haltung

Pferde sind Herdentiere, die sich nur zusammen mit anderen Pferden sicher und wohl fühlen. In der Pferdeherde gibt es Freundschaften, man liebt sich oder kann sich nicht leiden, es gibt eine Rangordnung, die ständig 'diskutiert' wird, kurz, es gibt ein soziales Leben und ständige, soziale Interaktion. Meist gibt es eine Leitstute und einen Leithengst bzw. Wallach. In frei lebenden Herden führt die Leitstute die Herde an und bestimmt die Richtung, während der Leithengst die Herde verteidigt. Zum Chef, egal ob Leitstute oder Leithengst wird meist ein erfahrenes, ausgeglichenes Pferd, das sich durch soziale Intelligenz auszeichnet. Hier zählt nicht Aggression oder Stärke, sondern Verstand und ein Verhalten, das der ganzen Gemeinschaft nützt.

Für welche Pferde ist die Offenstallhaltung geeignet?

Grundsätzlich profitieren fast alle Pferde von dieser Haltungsform – vom Freizeitpferd bis zum Sportpartner. Wichtig ist jedoch, auf die individuellen Bedürfnisse zu achten:

  • Jungpferde und Robustrassen (z. B. Haflinger, Isländer) kommen meist bestens zurecht.
  • Ältere, empfindliche oder stark geschorene Pferde benötigen eventuell besondere Rückzugsmöglichkeiten.
Eine gute Beobachtung der Gruppe und regelmäßige Gesundheitskontrollen sind daher Pflicht.

Fazit

Die Offenstallhaltung bietet Pferden ein naturnahes, bewegungsfreundliches und soziales Leben – genau das, was ihrer Art entspricht. Wer als Pferdehalter bereit ist, in Planung, Bodenpflege und Futtermanagement zu investieren, wird mit gesunden, ausgeglichenen Tieren belohnt. Ein artgerecht geführter Offenstall ist somit nicht nur eine moderne, sondern vor allem eine pferdegerechte Form der Haltung.

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